FOTOGRAFiE
Seit ich mich erinnern kann, war Fotografie meine große Leidenschaft...
Schon mit nicht einmal sechs Jahren "lieh" ich mir die "große" Kamera meines Vaters aus, die er teuer in Berlin gekauft hatte. In unserer Nachbarschaft hatte damals niemand an so viel Know-how gedacht! Das Gewicht, die Technik, das Verschlusszeitenrad - hinter einem gebogenen Fenster tummelten sich unverständliche Zahlen mit irgendwelchen Belichtungswerten. Und das Coolste an der Kamera: der Filmspannhebel. All das war für einen kleinen Jungen einfach faszinierend. Ich liebte es! Vor Stolz, eine solche Kamera in der Hand zu halten, drehte sich die Welt für mich langsamer. Ich hatte das Gefühl, dass alle mich bewunderten. Immer, wenn ich mit meinem Vater unterwegs war, hoffte ich, den Apparat in meine kleinen Kinderhände zu bekommen und einfach abdrücken zu können, um festzuhalten, was ich schön fand. Die Kamera war eine immer bestens gepflegte CANON 7 - wahrscheinlich so alt wie ich, aber immer noch top in Schuss, sorgfältig gereinigt und nach jeder Sitzung durchgepustet. Mein Vater achtete darauf. Hinzu kam der Reiz, die geschossenen Motive später im "Labor" selbst entwickeln zu können, das regulär im Badezimmer eingerichtet war. Ab und an erlaubte mir mein Vater, bei der Entwicklung der Bilder zuzusehen. Stundenlang saß ich am Vergrößerungsgerät, zwischen chemischen Bädern, verschiedenen Papiersorten und dem Spezialtrockner für die bereits entwickelten Fotos. Die dunkelrote Lampe schuf eine ganz besondere Atmosphäre...
Drei Jahre später, mit neun, erkannte man endlich mein großes Interesse an Fotografie, und ich bekam meine erste eigene Kamera! Doch was war das? Adieu Qualität und Professionalität, auf Wiedersehen Herzklopfen... Als ich mein lang ersehntes Geschenk auspackte, fiel ich in eine Art Schockstarre. Aus der Verpackung lächelte mich eine SMENA 8M an, hergestellt von der sowjetischen Schmiede LOMO. Leicht, aus Vollplastik, mit Alu-Verzierungen und einem Spielzeugobjektiv. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit damit! Monate vergingen, und ich hatte mich in die Kamera immer noch nicht verliebt. Doch mit jedem neuen Film machte ich bessere Fotos. Da die Einstellungen manuell vorgenommen werden mussten, lernte ich schnell etwas über Verschlusszeiten, Lichtempfindlichkeit und Blende. Das war wahrscheinlich die beste Lehre für einen Anfänger wie mich. Was für andere "Black Magic" war, wurde für mich zur Normalität. Dennoch war ich mit der Kamera nicht wirklich glücklich.
In dieser Zeit begann auch mein Abenteuer in der Fotoentwicklung - ganz allein. Verliebt in die Kunst, richtete ich mein Dunkellabor im Badezimmer ein. Fast jeden Samstag blockierte ich diverse Toilettengänge der Mitbewohner mit dem Ausruf: "In zehn Minuten erst!". Die Filme ließ ich zunächst von einem Labor entwickeln, da ich mich noch nicht traute, es selbst zu versuchen. Die eingefangenen Erinnerungen waren mir zu wertvoll, um sie mit laienhaftem Wissen zu gefährden. Erst nach einigen unwichtigen Filmen wagte ich mich schließlich an die Entwicklung, und es funktionierte auf Anhieb - was für ein Erfolgsgefühl für den kleinen Mann! Nun war ich in beiden Bereichen geübt, und jeden Samstag sammelte ich neue Erfahrungen. Es war eine wunderbare Zeit des Experimentierens, kreativen Schaffens und futuristischer Collagen...
Die Jahre vergingen... Mittlerweile war ich etwa 15. Ich entwickelte weiterhin meine Filme, einen nach dem anderen. Ich experimentierte, las Bücher und stellte die tollsten Fotos aus Zeitschriften nach - manchmal klappte es sogar richtig gut. Eines Tages besuchte mich mein bester Onkel und überreichte mir ein Geschenk... In einem braunen Futteral, das intensiv nach Leder roch, befand sich eine ältere, aber voll intakte PRAKTICA LTL3 von PENTACON. Im Vergleich zu meiner bereits in die Jahre gekommenen SMENA war das ein Quantensprung und ein Hauch von Professionalität! Da lächelte nicht nur mein Gesicht, auch das Herz des jungen Fotografen! Fotos für die Schülerzeitung, Familienalbum, Ausflüge und kreative Experimente - ich liebte sie alle! Es war eine großartige Zeit!
Mit 20 änderte sich mein Leben. Die Ausbildungszeit war vorbei, die Welt war riesig und der Durst nach "MEHR" unstillbar. Die Fototechnik entwickelte sich rasant, und die neuesten Errungenschaften waren für fast jedermann zugänglich und erschwinglich. Eines Tages stürmte ich in ein Fotofachgeschäft und belohnte mich mit dem Kauf einer CANON EOS 650 - meinem ersten elektrooptischen System. Im Set war bereits ein Universalobjektiv (35-70 mm / 3,5 - 4,5) enthalten, das lustig schnurrte, sobald man den Auslöser leicht drückte - der Autofokus stellte blitzschnell die Schärfe ein. Von da an gab es kaum noch Fotos, die zu hell oder zu dunkel waren; die Automatisierung der Einstellungen war hervorragend. Lange Zeit fotografierte ich mit dieser Kamera. Es machte wirklich Spaß!
Die Jahre vergingen, die Technologien schritten voran, und alles wurde digitalisiert. Auch mein Hobby blieb nicht stehen. Mit der CANON EOS 350D wagte ich - zunächst skeptisch - den Sprung in die digitale Welt der Bilder. Die Kamera war ausgereift und lieferte gestochen scharfe Fotos. Auch die Papierabzüge waren kaum von denen der alten Technik zu unterscheiden. Kleine Retuschen oder Bildmanipulationen am Computer waren kinderleicht und beflügelten meine Kreativität. Der eingebaute Blitz war zwar nicht besonders stark, doch bei guten Einstellungen reichte er für scharfe und ausreichend belichtete Bilder in dunkleren Umgebungen. Der 8-Megapixel-Sensor lieferte bereits sehr gute Ergebnisse. In Kombination mit dem einstellbaren RAW-Format war die 36-Bit Farbtiefe perfekt abgebildet. Zum ersten Mal durfte ich auf dem kleinen TFT-Monitor die Bilder direkt nach der Aufnahme betrachten. Das steigerte die Qualität meiner Arbeit enorm - Schluss mit den Ausreden, wenn ein Foto nicht gelungen war; sofort sah ich, wo ich Fehler gemacht hatte. Eine wirklich bemerkenswerte Entwicklung! Die EOS 350D war erst der Anfang meiner digitalen Spiegelreflexreise. Danach folgten die EOS 450D, EOS 550D und EOS 650D. Bei letzterer blieb ich hängen und nutzte immer intensiver meine Smartphone-Kameras. Die Qualität war zwar unvergleichbar, doch mein Smartphone hatte ich immer dabei, die große Spiegelreflexkamera nicht.
Man wurde bequem, die Technik entwickelte sich weiter. Die effektive Fotoqualität der Smartphones ist heutzutage gut mit den Systemen von damals vergleichbar oder sogar besser und in recht kleinem Format erhältlich. Die Akkus halten lange, man macht Fotos und dreht kurze Videosequenzen, die Belichtung ist hervorragend und die Schärfe überzeugt - die guten Fotoapparate geraten immer mehr in Vergessenheit... Ab und zu hole ich noch meine 650D aus dem Schrank und mache ein paar Makro-Aufnahmen, streichle sie liebevoll und verstaue mit einem Lächeln im Gesicht. Fotografie bleibt nach wie vor mein allerliebstes Hobby...